Das vergangene Jahrzehnt war durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema `Alter und Behinderung` geprägt. Mit dem Wohnhaus Friedensgasse hat sich ein Angebot herausgebildet, da Menschen mit einer Behinderung im Pensionsalter ein ihnen angemessenes Leben gestalten können (vgl. abilia news, April 2018). Zugleich galt es für die Organisation in die Zukunft zu blicken und sich strategisch sinnvoll auszurichten. Die Erkenntnis, dass es Wohngruppen für junge Menschen mit besonderem Begleitbedarf und ausgesprochen individuellen Begleitsettings braucht, reifte heran.
Der im letzten Sommer neu eröffnete Standort Erlenmatt bot dann die Gelegenheit sich an eine junge Klientel zu wenden, welche entweder aus dem Internat einer Sonderschule oder direkt von zu Hause den Übergang in ein möglichst selbständiges Erwachsenenleben antritt. Ein bedeutender Standortvorteil war die auf dem gleichen Areal gelegene, zugleich funktional klar getrennte Tagesstruktur Beschäftigung. So konnten und können für die neuen Klienten individuell massgeschneiderte Lösungen entwickelt werden, um das Erlernen von Wohnkompetenz mit dem Fuss fassen in einer arbeitsähnlichen Tagesstruktur zu kombinieren.
Braucht zum Beispiel eine sehr pflegeaufwändige Klientin am Morgen mehr Zeit, bis sie für den Tag gerüstet ist, so kann sie später in die Beschäftigung wechseln, oder sogar den Morgen noch mit haushälterischen Tätigkeiten auf der Wohngruppe zubringen und erst nachmittags einer Arbeit in der Produktion mit Holz und Papier nachgehen. Oder ein Klient mit herausforderndem Verhalten, dem es schwer fällt über längere Zeit an einer konzentrierten Arbeit dran zu bleiben, kann sich zwischenzeitlich bei einem Spaziergang entspannen und wieder zu sich finden, bevor er seine Arbeit in der Lingerie wieder aufnimmt.
Da es sich, wie gesagt, um Menschen mit besonderem Begleitbedarf handelt, war es auch personell gesehen angebracht, dass sich die Wohngruppen fachlich spezifizierten. Wir unterhalten eine Wohngruppe für `pflegende Agogik`, da es möglich ist junge Menschen zu begleiten, die in sämtlichen Aktivitäten des Alltags auf sorgsame Assistenz und Pflege angewiesen sind. Und wir sind mit einer Wohngruppe `komplexe Agogik` unterwegs, da Menschen zusammen wohnen, deren herausforderndes Verhalten viel Empathie und Geschick in der Begleitung verlangt, um festgefahrene und sich wiederholende Verhaltensweisen wieder in Bewegung zu bringen.
Nichts desto trotz sind zwei tolle, dynamische Wohngruppen entstanden, da Klientinnen und Klienten mit einander Kochen, Essen und Plaudern, am Wochenende in den Ausgang gehen, sich die Hausarbeit teilen und je eigenen Vorlieben nachgehen, wie Fussball spielen, Musizieren oder schlicht in den Tag träumen.